vendredi 25 juillet 2008

Interessenkonflikte im neuen Stiftungsrat von Heks befürchtet

Nestlé-Chef im Heks-Stiftungsrat

Nestlé-Chef im Heks-Stiftungsrat


Von: Damian Bugmann in Zeitpunkt


Der Generaldirektor von Nestlé Schweiz sitzt neu im Stiftungsrat des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks). Dagegen wehren sich engagierte Christen. Einen Interessenkonflikt kann Heks-Stiftungsratspräsident Claude Ruey nicht sehen.

 

 

Decorvet sei nicht als Nestlé-Vertreter, sondern als Privatmann und „kompetenter, entwicklungspolitisch versierter und kirchennaher Manager“ (Kirchenzeitschrift „reformiert.“) gewählt worden, so Ruey. Neben der internationalen Erfahrung sei vor allem das bisherige berufliche, kirchliche und soziale Engagement von Decorvet ein glaubwürdiger Grund für die Wahl, sagte Thomas Wipf, Präsident des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds SEK.

 

Kommerzielle, antigewerkschaftliche Politik

Der neue Chef von Nestlé Schweiz war in den vergangenen 17 Jahren in Asien für Nestlé tätig. Der 42-jährige Pastorensohn Decorvet leitete nach Stationen in Malaysia, Taiwan, Hongkong und China seit 2004 Nestlé Pakistan. Die Gesellschaft konnte in den letzten drei Jahren ihre Umsätze in Pakistan verdoppeln. „Unter Entwicklungsexperten ist die forcierte Kommerzialisierung der Milchwirtschaft in Pakistan durch den Nahrungsmulti umstritten, weil diese bislang Grundpfeiler der Selbstversorgung war“, stand im Tages Anzeiger. Und: „Laut dem internationalen Gewerkschaftsverband der Lebensmittelindustrie IUF wehrte man sich in zwei Fabriken erfolgreich gegen eine Praxis von Nestlé Asien: Arbeitnehmern sei nach einer ‚unechten’ Beförderung untersagt worden, in der Gewerkschaft zu bleiben.“

 

Wie Vasella im Unia-Vorstand

„Nestlé ist ein Nahrungsmittelkonzern - Heks unterstützt Landarbeiterinnen und deren Gewerkschaften in Drittweltländern. Nestlé treibt die Privatisierung des Wassers voran – Heks sieht Wasser als öffentliches Gut“, sagt der Berner Pfarrer Jürg Liechti in einem Streitgespräch mit Claude Ruey in „reformiert.“. Und fasst zusammen: „Heks und Nestlé vertreten nicht bloss unterschiedliche, sondern gegensätzliche Positionen. Die Wahl des Chefs von Nestlé Schweiz in den Heks-Stiftungsrat ist, wie wenn Novartis-Chef Daniel Vasella Einsitz nehmen würde in den Vorstand der Gewerkschaft Unia.“

In einer früheren Nummer derselben Zeitschrift wurde ein ähnlicher Vergleich gebraucht: Decorvet sei als Stiftungsrat «so deplatziert wie ein Umweltaktivist in einer Erdölgesellschaft».

 

Anwaltschaftliche Position in Gefahr

„Die Gefahr ist gross, dass das Heks als Hilfswerk, das sich für Arme und Ausgeschlossene einsetzt, dadurch seine pointierte anwaltschaftliche Position einschränkt“, meinen die 50 Unterzeichnenden der Unterschriftensammlung, die von Frauen aus der Berner Landeskirche initiiert wurde. Diese Position sei gerade für Nichtregierungsorganisationen zentral, die sich in Agrarprojekten in Entwicklungsländern engagierten, meint François Meienberg, Programmverantwortlicher «Ernährung und Landwirtschaft» bei der Erklärung von Bern.

 

Babymilchskandal und Wasserausbeutung

„Nestlé hat mit seinen Unternehmungen in Entwicklungsländern durch den Ankauf von Rohstoffen, den Verkauf von Produkten und auch als Arbeitgeberin eine grosse entwicklungspolitische Verantwortung, die sie nicht konsequent wahrnimmt.“ Meienberg erinnert auch an den Babymilchskandal, an Nestlés Profit mit Kaffee auf Kosten von Kleinbauern oder an die Wasserausbeutung in São Lourenço (Brasilien), die eine Quelle versiegen liess. Solche Missstände beobachten, beurteilen und kommunizieren könne nur eine Organisation, die unabhängig sei. „Von Nestlé würden wir nie Spendengelder annehmen“, so Meienberg.

 

 

Mehr Informationen:

 

Tages Anzeiger

 

reformiert.-Streitgespräch

 

Reformierte Presse

mardi 22 juillet 2008

Nestlé-Chef sorgt mit Heks-Job für Wirbel



22. Juli 2008, 17:47 – Von Michael Meier

Die Wahl von Nestlé-Schweiz-Chef Roland Decorvet in den Heks-Stiftungsrat stösst auf Widerstand. Manche fürchten, das kirchliche Hilfswerk verkomme zur Fundraising-Institution.

«Ich habe keinerlei Absicht zurück zu treten, im Gegenteil. Heks und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund SEK haben mir in den letzten Wochen verschiedene Male beteuert, dass sie auf mein Engagement zählen.» Das sagt auf Anfrage der Direktor von Nestlé Schweiz, Roland Decorvet, den die Abgeordnetenversammlung des SEK in den Stiftungsrat des evangelischen Hilfswerks gewählt hat.

Ein engagierter Pfarrerssohn

Das war Ende Juni. Seither werden die Protestnoten gegen die Wahl immer zahlreicher. Sie sprechen von einer institutionellen Unverträglichkeit: Die Interessen des Weltkonzerns Nestlé seien unvereinbar mit den Interessen eines kirchlichen Hilfswerks, monieren etwa die Organisatoren der Politischen Abendgottesdienste.

Den Bittstellern zum Trotz sehen SEK und Heks keinen Grund, die Wahl zu überdenken. Immerhin will die Exekutive (Synodalrat) der Kirchen Bern-Jura-Solothurn laut ihrem Sprecher Thomas Gehrig das Thema erörtern – nach den Sommerferien. Bei der Wahl hätten sich die Abgeordneten aus Bern der Stimme enthalten, auch darum, weil sie von Decorvets Kandidatur erst im letzten Moment erfahren hätten. SEK-Sprecher Simon Weber meint demgegenüber, die Versammlung habe genügend Zeit gehabt, über die Wahl nachzudenken. So hätten die Abgeordneten den in der Waadtländer Kirche engagierten Pfarrerssohn einstimmig und oppositionslos gewählt.

Kritische Stimmen wurden in der Tat erst hinterher laut. Das Guatemala-Netz Zürich erinnert in einer Briefaktion daran, wie der Riese Nestlé einen Spitzel in die kleine globalisierungskritische Organisation ATTAC einschleuste, nur weil diese ein kritisches Büchlein über den Globalplayer vorbereitete. Mit einem Nestlé-Manager im Stiftungsrat könne sich Heks künftig nicht mehr glaubwürdig für die Achtung der Menschenrechte oder einen kostengünstigeren Zugang der Verarmten zum Trinkwasser einsetzen.

Nestlés aggressive Privatisierungspolitik beim Wasser ist auch Gegenstand der Unterschriftensammlung von Marianne Spiller, einer der fünf Schweizerinnen, die zusammen mit 1000 Frauen 2005 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde. Sie erinnert daran, dass der SEK die ökumenische Erklärung zum Wasser als Menschenrecht und öffentliches Gut unterzeichnet habe. Nestlé indessen treibe weltweit riesige Geschäfte mit Trinkwasser, kaufe Trinkwasserquellen auf und verkaufe Flaschenwasser in der ganzen Welt.

Die Schweizerin, die sich in Brasilien um Strassenkinder kümmert, wirft Decorvet vor, er selber habe als vormaliger Generaldirektor von Nestlé Pakistan eine umstrittene Milchkommerzialisierung vorangetrieben. Überhaupt stünden die Interessen des Nahrungsmulti, der kleinbäuerliche Strukturen der Selbstversorgung zerstöre und mit eigenen Produkten regionale Erzeugnisse verdränge, ganz im Widerspruch zu der vom Heks propagierten Ernährungssouveränität.

Heks-Direktor Ueli Locher erhofft sich offenbar, dass Decorvet dem Hilfswerk bisher verschlossene Türen zu Wirtschaftskreisen öffnet. Auf Anfrage versichert er, man habe Decorvet als Privatperson gewählt: «Mich interessiert nicht so sehr, wo jemand arbeitet, sondern ob er unsere Werte überzeugt mitträgt.» Das Hilfswerk brauche einen Finanzexperten. Seit den 90er Jahre gebe es einen Trend zur Professionalisierung der Hilfswerk-Stiftungsräte. Im übrigen habe die Ethos-Stiftung Nestlé eben ein gutes Rating punkto Sozialverträglichkeit und Nachhaltigkeit ausgestellt. Locher versichert, im Heks finde keine Kehrtwende statt: «Wir werden weiterhin kritisch sein.»

Immer weniger kirchlich

Doch das wird extern wie intern bezweifelt. Man fürchtet, dass das Heks zur reinen Fundraising-Institution wird, die nur noch mit der Deza und der Glückskette zusammenarbeitet und den Charakter eines kirchlichen Hilfswerks mehr und mehr verliert – und damit auch seine Verankerung in den Kirchgemeinden. Im neuen Strategie-Papier heisst es zwar, dass das Hilfswerk seine Präsenz in den Kirchgemeinden verstärken will und eine grössere Nähe zu den Mitgliedern der Landeskirche sucht.

In der Praxis sieht das freilich anders aus. In der 7-köpfigen Heks-Geschäftsleitung gibt es nur noch einen Theologen. Locher selber ist kein Kirchenmann. Im Strategiepapier fehlt zudem jeglicher Hinweis auf die ökumenische Bewegung oder die Befreiungstheologie, die für progressiv ausgerichtete kirchliche Hilfswerke eine wichtige Referenz ist. Ein im Dezember verschickter Spendenaufruf kommt ohne Verweis auf die Advents- und Weihnachtszeit aus. Und ein Mailing im Juni ruft angesichts der Hungerkrise zu mehr Spenden auf, ohne die (preis-)politischen Hintergründe zu erörtern.

Kritische Beobachter überrascht das wenig – weil sich der SEK immer wieder neu zu profilieren versucht, etwa mit dem Open Forum Davos. An die Dialogplattform hat der Kirchebund Nestlé-Welt-Chef Peter Brabeck und andere illustre Wirtschaftsführer eingeladen. Statt dass die Kirche am Open Forum als Anwältin der Armen Partei ergreife, gebe sich der SEK als Moderator mit Scheindialogen zufrieden, monierten die Kritiker fast gleich lautend wie jetzt bei der Wahl von Roland Decorvet.

jeudi 17 juillet 2008

L'entêtement de l'ODM l'empêche de faire le deuil de sa famille

Cas 043 / - Au bénéfice d'une admission provisoire depuis 2002, "Makaya" a dû mener près de 15 mois de bataille juridique avec l'ODM pour obtenir un visa de retour afin de finalement pouvoir se rendre au Congo et se recueillir sur les tombes de sa fille et de sa soeur.

mercredi 9 juillet 2008

Nestlé beim Heks: Riesenchance oder Riesenfehler?

Nestlé beim Heks: Riesenchance oder Riesenfehler?
HEKS/ Ein Hilfswerk holt den Nestlé-Chef ins Boot – zum Nutzen oder zum Schaden? Streitgespräch zwischen Nationalrat Claude Ruey, Heks-Stiftungsratspräsident, und Pfarrer Jürg Liechti.

Mitte Juni wählte die Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK) den 42-jährigen Waadtländer Roland Decorvet, Chef von Nestlé Schweiz, in den neunköpfigen Heks-Stiftungsrat. Neben seiner internationalen Erfahrung seien vor allem das bisherige berufliche, kirchliche und soziale Engagement von Decorvet «glaubwürdiger Grund für seine Wahl», hatte SEK-Ratspräsident Thomas Wipf argumentiert.
Während die Wahl durch die SEK-Delegierten einstimmig (bei einigen Enthaltungen) erfolgte, führte sie bei kirchlichen Fachstellen – vorab bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Bereichen Ökumene, Mission und Entwicklung (OeME) – und engagierten Kirchgemeindebasisgruppen zu lautstarkem Widerstand. Inzwischen sind nicht nur offene Briefe ans Heks geschrieben worden, in mehreren Kantonen ist auch eine Unterschriftensammlung im Gang, in der gegen die Wahl Decorvets protestiert und befürchtet wird, mit dem
neuen Stiftungsratsmitglied drohe das Hilfswerk «seine pointierte anwaltschaftliche Position zu verlieren».

 

Claude Ruey, Sie haben mit der Wahl von Nestlé-Chef Roland Decorvet in den Heks-Stiftungsrat viel Kritik geerntet. Haben Sie das erwartet?
Ruey: Es gab auch viele positive Rückmeldungen: von Leuten, die betonten, wie wichtig es sei, im Stiftungsrat Leute mit ausgewiesenem Fachwissen zu haben. Aber klar, die kritischen Stimmen aus Kreisen der Deutschschweizer OeME-Fachstellen (Ökumene, Mission, Entwicklung) haben mich als Welschen total überrascht. Ich bin sehr zufrieden, dass mit Herrn Decorvet ein kompetenter, entwicklungspolitisch versierter und kirchennaher Manager bereit ist, den Heks-Finanzausschuss zu leiten. Roland Decorvets Engagement beim Heks ist rein persönlich motiviert. Er wird nicht die Interessen von Nestlé vertreten.
Liechti: Und wie will Herr Decorvet das trennen? Nestlé ist ein Nahrungsmittelkonzern – Heks unterstützt Landarbeiterinnen und 
deren Gewerkschaften in Drittweltländern. Nestlé treibt die Privatisierung des Wassers voran – Heks sieht Wasser als öffentliches Gut. Heks und Nestlé vertreten nicht bloss unterschiedliche, sondern gegensätzliche Positionen. Die Wahl des Chefs von Nestlé Schweiz in den Heks-Stiftungsrat ist, wie wenn Novartis-Chef Daniel Vasella Einsitz nehmen würde in den Vorstand der Gewerkschaft Unia.
Ruey: Sie unterschieben Herrn Decorvet schlechte Absichten, noch bevor er sein Amt angetreten hat. Das schockiert mich! Wo bleibt da die christliche Toleranz? Wir können als Christinnen und Christen doch unterschiedliche Positionen einnehmen.
Liechti: Mir geht es keineswegs darum, die Person Roland Decorvets infrage zu stellen. Ich finde es toll, wenn ein Topmanager in der Kirche Freiwilligenarbeit leisten will. Es gibt viele Einsatzfelder für ihn, aber nicht im Heks-Stiftungsrat. Ich bin kein Fundi, Herr Ruey, ich bin durchaus für Gespräche zwischen Hilfswerken und Wirtschaftsvertretern. Und weil ich das bin, und weil ich die Wirtschaft in die Pflicht nehmen möchte, sollten Topwirtschaftsleute wie Herr Decorvet ein Visavis bleiben, mit dem man sich auseinandersetzen kann.
Ruey: Mein Vorgänger als Heks-Stiftungsratspräsident, Anthony Dürst, war Novartis-Manager. Und niemand hat ihn diffamiert. Bei Caritas Schweiz sitzen Wirtschaftsvertreter im Vorstand. Und kein Katholik protestiert. Ich habe Vertrauen in Herrn Decorvets Integrität. Und in Sachen Nestlé halte ich mich an Jacques Schneider, den grün-roten Genfer Politiker und ehemaligen Präsidenten der Ethos-Stiftung: Er attestiert Nestlé ein gutes ethisches Rating.

Jürg Liechti, Sie haben geschrieben, Roland Decorvets Wahl sei «Ausdruck einer schleichenden Entpolitisierung» beim Heks. 
Was meinen Sie damit?

Liechti: Mich erschreckt die unpolitische Haltung sowohl beim Heks als auch beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK). Nestlé will doch mit der Einsitznahme beim Heks vorab seinen angeschlagenen Ruf aufpolieren. Zur Erinnerung: Kurz vor Decorvets Wahl kam die gravierende Geschichte mit der Nestlé-Spionin bei der globalisierungskritischen Bewegung Attac an den Tag. Die Entpolitisierung kommt mir auch auf den Heks-Plakaten entgegen: Hier erscheint Hunger als Naturkatastrophe. Kein Wort darüber, dass der Welthunger auch etwas mit unserem Reichtum zu tun hat. Lese ich die neue Heks-Strategie, dann fällt mir vor allem ein Wort auf: Wachstum. Heks will wachsen. Das ist lobenswert – aber es will dies anscheinend tun, indem es politische Stellungnahmen peinlichst umschifft.
Ruey: Noch einmal: Es stimmt nicht, dass Nestlé im Heks-Stiftungsrat Einsitz nimmt – Herr Decorvet hat sich als Privatperson zur Verfügung gestellt und Nestlé zu dieser Frage gar nie konsultiert.
Zum Wachstum: Ja, wir wollen wachsen, weil wir den Ärmsten in Drittweltländern, den Migranten in der Schweiz und den sozial Schwachen effizienter und professioneller helfen wollen. Das ist unser christlicher Auftrag, das ist Nächstenliebe gemäss Matthäus 25, 40.
Liechti: Mir gefällt, dass Sie theologisch argumentieren: Beim Heks fehlt mir das sonst total. Aber man kann aus der Bibel nicht nur die Nächstenliebe herauspicken. Zum Evangelium gehört auch die prophetische Seite, die Kritik an den Mächtigen und Reichen.
Ruey: Das ist nicht die Sache des Heks, sondern von Brot für alle (Bfa): Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) hat Bfa mit dem Mandat der Entwicklungspolitik betraut, Heks arbeitet mehr in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Nothilfe und Öffentlichkeitsarbeit. Zwischen Heks und Bfa herrscht diesbezüglich eine klare Arbeitsteilung. Zudem: Kritik an den Reichen ist Kritik am Bösen, das in uns allen wirkt – bis zum Jüngsten Tag, bis zur Errichtung des Reiches Gottes auf Erden. Wir dürfen als Christen niemals vor dem Bösen kapitulieren. Aber es widerspricht christlicher Toleranz, wenn wir Bannflüche gegen die Reichen austeilen.
Liechti: Dazu ein konkretes Beispiel: Letztes Jahr wurde in Brasilien ein Aktivist der Landlosenbewegung (MST) bei einer symbolischen Landbesetzung ermordet: von einer Bewachungsfirma, die im Sold des Schweizer Agrochemie-Konzerns Syngenta steht. Heks unterstützt zwar die brasilianische Bewegung der Landlosen (MST) finanziell – aber hat sich dem offenen Protestbrief an die Adresse Syngentas nicht angeschlossen. Ein Beispiel mehr für die wachsende Entpolitisierung.
Ruey: Ich kenne diesen Fall nicht. Ich kann Ihnen aber versichern, dass sich Heks politisch engagiert, wenn ein klarer Bezug zur praktischen Projektarbeit besteht und sich damit die Situation von Menschen effizient verbessern lässt.

Entpolitisierung hin oder her: Heks hat Erfolg. Letztes Jahr hat das Hilfswerk bei den Kirchgemeinden ein Rekordspendenergebnis eingefahren, und die Aktion «Gib e Geiss» rund um Ex-Mister-Schweiz Renzo Blumenthal kommt an. Hat, wer Erfolg hat, nicht auch Recht, Jürg Liechti?
Liechti: Natürlich ist mir der Erfolg des Heks nicht gleichgültig. Ich sammle Jahr für Jahr mit Jugendlichen rund 20 000 Franken für das Hilfswerk. Und als OeME-Kommission der Stadt Bern kämpfen wir dafür, dass die Gesamtkirchgemeinde ihren Jahresbeitrag von einer Million Franken für Entwicklungshilfswerke und Missionen nicht reduziert. Vorderhand werde ich mich weiterhin engagieren. Aber ich erwarte eine Rückbesinnung auf die evangelischen Wurzeln: Ewig werde ich nicht zuschauen, wie das Heks vor lauter Marketingdenken seinen politisch-prophetischen Auftrag vergisst.

Heks steht in der Kritik, Claude Ruey, und Sie wollen näher an die Kirchen heran – wann stellen Sie sich an einem Podium den kritischen Fragen von besorgten Drittweltengagierten?
Ruey: Ich lehne grundsätzlich nie eine Einladung zum Gespräch ab. Es wäre aber sinnvoller, über Inhalte zu diskutieren als über die Wahl eines Stiftungsrats. So werden wir die neue Strategie des Heks den Kirchenverantwortlichen auf Kantons- und Gemeindeebene gerne erläutern. Aber ich ziehe persönliche Gespräche öffentlichen Podien vor.
Gespräch: Samuel Geiser, Martin Lehmann

 

Zu den Personen:
Claude Ruey
ist 59-jährig und lebt in Nyon VD. Der promovierte Jurist sitzt seit 1999 für die Liberale Partei der Schweiz – die er von 2002 bis 2008 auch präsidierte – im Nationalrat. Nebst Mandaten und Ämtern in zahlreichen kulturellen Institutionen (Präsident ProCinema Suisse, Präsident Helvetia Latina, Präsident Stiftung Schloss Chillon) ist Ruey Stiftungsratspräsident des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks).

Jürg Liechti
ist 50-jährig und Pfarrer in der Kirchgemeinde Johannes in Bern. Liechti
hat sich weit über kirchliche Kreise hinaus als Globalisierungskritiker einen Namen gemacht. Mehrfach in Erscheinung getreten ist der Kopräsident der OeME-Kommission der Gesamtkirchgemeinde Bern im Zusammenhang mit der Kritik am «Open Forum», dieser vom Kirchenbund (SEK) initiierten Diskussionsveranstaltung in Davos, die parallel zum WEF stattfindet.

«Reformiert.» 25.7.2008