Wie Nestlé dem Heks das Wasser abgräbt
Nestlé soll einen Gegner der Wasserprivatisierung in Brasilien bespitzelt haben. Irritierend ist dabei, dass der Chef von Nestlé Schweiz im Stiftungsrat des Heks sitzt. Denn wogegen kämpft das Hilfswerk? - Genau: Gegen die Wasserprivatisierung. Jetzt bleiben die Spenden aus.

Eine Mitarbeiterin der Sicherheitsfirma Securitas bespitzelte offenbar während zwei Jahren Globalisierungskritiker aus dem Raum Genf. Dies geschah im Auftrag des Nahrungsmittelriesen Nestlé, wie das Westschweizer Fernsehen berichtete.
Nun wird bekannt, dass zu den Spionage-Opfern auch der Brasilianer Franklin Frederick gehört. Er setzte sich mit der Unterstützung von reformierten Kirchen in der Schweiz für freien Wasserzugang in Brasilien ein und bekämpft somit Projekte von Nestlé, welche beabsichtigen, das Wasser von dortigen Quellen zu privatisieren und zu vermarkten.
Durch die Spionage soll Nestlé beispielsweise gewusst haben, dass der Wasseraktivist Frederick am Open Forum in Davos 2004, der Gegenveranstaltung zum WEF, teilnehmen wird, berichtet der «Tages-Anzeiger» heute. Eine Strafuntersuchung der Behörden läuft und soll bis Ende Jahr abgeschlossen werden.
Nestlé-Chef engagiert sich im christlichen Hilfswerk – geht das?
Kritik an Nestlé und dessen Führungsperson in der Schweiz, Roland Decorvet, gibt es aber nicht nur wegen der Spionageaffäre - Decorvet selbst war während der Bespitzelungen vor drei Jahren noch gar nicht in der obersten Führungsetage von Nestlé Schweiz, erst seit diesem Jahr ist er Chef. Nun wurde er aber neben seiner Tätigkeit bei Nestlé in den Stiftungsrat des evangelischen Hilfswerks Heks gewählt – unter lautem Protest.
Obwohl der Schweizerische Kirchenbund den Generaldirektor des Nahrungsmittelriesen in die Leitung des Heks wählte, können Kirchenleute diese Entscheidung nicht verstehen. «Nestlé hat in wichtigen Fragen eine der unsrigen total entgegengesetzte Meinung», sagt Andrea Kindler Broder, Pfarrerin an der Heiliggeistkirche in Bern.
Erste Spender springen ab
Gerade beim Thema Wasser: Bei vielen Projekten untergrabe Nestlé die Bemühungen der Hilfswerke und sei eher Gegner denn Partner. «Wie kann Herr Decorvet diese Doppelfunktion unter einen Hut bringen?», fragt sie und spricht das an, was viele Kirchenvertreter denken: Nestlé und Hilfswerk zusammen, das gehe nicht. Auch Dieter Sollberger, Pfarrer von Horgen ZH, kann diese Wahl nicht verstehen. «Ich bin erstaunt und irritiert». Er könne die Wahl vor seinen Kirchenmitglieder nicht vertreten, bestätigt er einen Artikel der Zeitung «Reformiert».
Ehemals treue Spender verzichten nun darauf, das Heks weiter finanziell zu unterstützen, bestätigt der Direktor des Heks, Ueli Locher, auf Anfrage von
Kritiker seien «extrem links»
Der Nestlé-Schweiz-Chef will auf Anfrage von 20 Minuten Online keine Stellung nehmen, provoziert dafür die Kirchenvertreter weiter. Seine Kritiker seien «extrem links» und machten «viel Lärm», erklärte er in einem Interview mit der Zeitung «Reformierte Presse». «Diese Verallgemeinerungen ärgern mich sehr», sagt Pia Grossholz, Vizepräsidentin der reformierten Kirchen Bern Jura Solothurn, «denn sie stimmen nicht».
Aller Kritik an ihrem Stiftungsrat zum Trotz setzt das Heks weiter auf den Nestlé-Schweiz-Chef. Man wolle aber den Dialog mit den verärgerten Spendern und Kirchenvertretern weiterführen, sagt Heks-Direktor Ueli Locher.