Zeit-Fragen
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Entwicklungshilfe muss unabhängig bleiben
sl. Seit Sommer 2008 sitzt Roland Decorvet, Generaldirektor von Nestlé Schweiz, im Stiftungsrat des Schweizerischen Evangelischen Hilfswerks HEKS. Diese Wahl hat landesweit breiten Protest ausgelöst, der bis heute anhält.
Zu Recht, vertreten HEKS und Nestlé doch absolut gegensätzliche Interessen. Während Nestlé beispielsweise die Privatisierung von Wasser mit aller Kraft vorantreibt und durch seine aggressiven Geschäftspraktiken Bauern in grosse Bedrängnis bringt, setzt sich das HEKS explizit für das Recht auf Nahrung und den Zugang zu sauberem Trinkwasser ein. Während sich der Nahrungsmittelmulti in verschiedenen Ländern mit Vorwürfen konfrontiert sieht, Menschenrechte und das Arbeitsrecht mit Füssen zu treten, ermutigt das HEKS seit Jahren Arbeiter und Arbeiterinnen, Frauen- und Landarbeiterorganisationen, ihre Rechte einzufordern.
Das Hilfswerk verliert durch diese unselige Allianz seine Unabhängigkeit und damit die Basis für eine nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit.
Nationalrätin Maya Graf charakterisiert den Vorgang treffend: «Die Doppelrolle des Nestlé-Direktors geht höchstens für Nestlé selber auf. Es kann sein ethisches Image mit dem kirchlichen Partner aufwerten und Einfluss dort gewinnen, wo die hartnäckigsten Kritiker ihrer multinationalen forschen Geschäftspolitik sind. Für HEKS, das angesehene kirchliche Hilfswerk, ist diese Wahl dagegen ein Problem. Für HEKS, das gegen die Wasserprivatisierung kämpft, das lokale bäuerliche Initiativen unterstützt und sich für bessere Arbeitsbedingungen just von Nestlé-Mitarbeitenden in Kolumbien einsetzt, wird die Handlungsfreiheit eingeschränkt. Hilfswerke müssen sich immer auch politisch äussern können. Sie dürfen nicht durch wirtschaftliche Giganten abhängig werden. Gerade christliche Kirchen sollten sich immer für die Bedürfnisse der Schwächsten einsetzen. Die Starken können sich selbst helfen.»
Um die Hilfsorganisation aus dem Zangengriff des Nahrungsmittelmultis zu befreien, wurde am 29. Januar eine Petition lanciert, die den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und den HEKS-Stiftungsrat auffordert, sich für ein profiliertes HEKS einzusetzen, das die prophetische Tradition, die kirchliche Basis, das politische Engagement, die Kritik an der neoliberalen wirtschaftlichen Globalisierung und die Partnerschaft mit ähnlich orientierten Hilfswerken und NGOs in seiner Praxis ernst nimmt. Unter den über 50 Erstunterzeichnern aus der ganzen Schweiz befinden sich Theologinnen und Pfarrer wie Silvia Schroer, Denis Müller, Käthi La Roche oder Kurt Marti, prominente Politikerinnen wie die Basler Nationalrätin Maya Graf, die Genfer Ständerätin Liliane Maury Pasquier und der ehemalige Uno-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung Jean Ziegler. •